(Rom) Der Vatikan hat alle Gläubigen und katholischen Politiker zum Widerstand gegen die Legalisierung von Ehe-ähnlichen Partnerschaften von Homosexuellen aufgerufen. Auszüge aus dem 14-Seiten-Dokument mit dem Titel „Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen“:
„Es gibt keinerlei Fundament dafür, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn. Die Ehe ist heilig, während die homosexuellen Beziehungen gegen das natürliche Sittengesetz verstoßen. Denn bei den homosexuellen Handlungen bleibt „die Weitergabe des Lebens … beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen“.
(…) Nach der Lehre der Kirche ist den Männern und Frauen mit homosexuellen Tendenzen „mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen.“ Diese Personen sind wie die anderen Christen gerufen, ein keusches Leben zu führen. Aber die homosexuelle Neigung ist „objektiv ungeordnet“, und homosexuelle Praktiken gehören „zu den Sünden, die schwer gegen die Keuschheit verstoßen“.
(…) Die Legalisierung von homosexuellen Lebensgemeinschaften würde deshalb dazu führen, dass das Verständnis der Menschen für einige sittliche Grundwerte verdunkelt und die eheliche Institution entwertet würde.
(…) Das Einfügen von Kindern in homosexuelle Lebensgemeinschaften durch die Adoption bedeutet faktisch eine Vergewaltigung dieser Kinder in dem Sinn, dass man ihren Zustand der Bedürftigkeit ausnützt, um sie in ein Umfeld einzuführen, das ihrer vollen menschlichen Entwicklung nicht förderlich ist. Eine solche Vorgangsweise wäre gewiss schwer wiegend unsittlich und würde offen einem Grundsatz widersprechen, der auch von der internationalen Konvention der UNO über die Rechte der Kinder anerkannt ist. Demgemäß ist das oberste zu schützende Interesse in jedem Fall das Interesse des Kindes, das den schwächeren und schutzlosen Teil ausmacht.
(…) Wenn die Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts in rechtlicher Hinsicht nur als eine mögliche Form der Ehe betrachtet würde, brächte dies eine radikale Veränderung des Begriffs der Ehe zum schweren Schaden für das Gemeinwohl mit sich.
(…) Weil die Ehepaare die Aufgabe haben, die Folge der Generationen zu garantieren, und deshalb von herausragendem öffentlichen Interesse sind, gewährt ihnen das bürgerliche Recht eine institutionelle Anerkennung. Die homosexuellen Lebensgemeinschaften bedürfen hingegen keiner spezifischen Aufmerksamkeit von Seiten der Rechtsordnung, da sie nicht die genannte Aufgabe für das Gemeinwohl besitzen.
(…) Wenn alle Gläubigen verpflichtet sind, gegen die rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften Einspruch zu erheben, dann sind es die katholischen Politiker in besonderer Weise, und zwar auf der Ebene der Verantwortung, die ihnen eigen ist. Wenn sie mit Gesetzesvorlagen zu Gunsten homosexueller Lebensgemeinschaften konfrontiert werden, sind folgende ethische Anweisungen zu beachten.
Wird der gesetzgebenden Versammlung zum ersten Mal ein Gesetzentwurf zu Gunsten der rechtlichen Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften vorgelegt, hat der katholische Parlamentarier die sittliche Pflicht, klar und öffentlich seinen Widerspruch zu äußern und gegen den Gesetzentwurf zu votieren. Die eigene Stimme einem für das Gemeinwohl der Gesellschaft so schädlichen Gesetzestext zu geben, ist eine schwerwiegend unsittliche Handlung.
(Quelle: Spiegel online, 1.8.2003)