Trans Exclusionary Radical Feminists (TERFism) und EMMA

Der Begriff TERF stammt eigentlich aus der Frauenbewegung der 70er Jahre und ist dezeit vor allem im Vereinigten Königreich (UK) ein dominantes Thema: TERFeministinnen bestehen auf einem biologischen Geschlecht, welches sie für unabänderlich halten. Transfrauen sind für sie daher „Männer in Frauenkleidern“ die in die sozialen und politischen Räume von cis Frauen eindringen. TERF haben Sorge, dass die „eigentlichen“ frauenpolitischen Themen wie die Gleichstellung der Geschlechter, häusliche Gewalt, die Befreiung von Geschlechterrollen usw. durch die Thematisierung und starke Sichtbarwerdung von Trans* in den Hintergrund geraten und entpolitisiert werden könnten.

In den UK ist die treibende Akteuerin der TERF Bewegung eine Platform für Mütter (mumsnet), der vor allem heterosexuelle, weiße, cis Frauen aus der Mittelschicht angehören und deren politisches Potential lange unterschätzt wurde.

Einen überaus lesenswerten Artikel zu den Ursprüngen der TERF Bewegung finden sie hier: https://lux-magazine.com/article/the-road-to-terfdom/

Das Magazin EMMA widmet sich in seiner Januar/Februar 2022 Ausgabe dem Thema Trans* mit drei Themenblöcken:

(1) Sie begrüßen, dass in England das geschlechtliche Selbstbestimmungsgesetz gescheitert ist mit dem Argument, das so verhindert werden konnte, dass „Männer sich in geschützte Frauenräume ‚hineindefinieren‘ können.“

(2) Sie thematisieren Transgeschlechtlichkeit als eigentlichen Konflikt mit Geschlechtsrollenzuschreibungen von Frauen, d.h. als Konflikt mit sozialen Konstruktionen, und dass in Begutachtungsverfahren diese Fragestellung nicht hinreichend thematisiert wird, so dass es zu Fehldiagnosen komme, die letztlich zu größerem Leid führe. 

(3) Sie hinterfragen die Rechtmäßigkeit der transweiblichen Bundestagsabgeordneten Tessa Ganserer über die Frauenqotierung bei den GRÜNEN in den Bundestag gekommen zu sein und im Bundestag als weibliche Person geführt zu werden. Tessa Ganserer hat derzeit weder ihren Personenstand geändert noch hat sie eine geschlechtsangleichende OP vornehmen lassen. Daher sei sie als Mann zu führen. In dem Artikel wird grundsätzlich von „ihm“ gesprochen und suggeriert, dass die GRÜNEN so das von ihnen eingebrachte Selbstbestimmungsgesetz quasi durch die Hintertüre eingeführt wird und „Bevölkerung und Medien daran gewöhnt werden, dass die Kategorie Geschlecht in unserem Rechtssystem neu definiert werden soll“.

Stellungnahme von Broken Rainbow:

Weicht das selbstwahrgenommene Geschlecht (psychologische Geschlecht) von dem anhand von wenigen Merkmalen zugeordnete Geschlecht ab, liegt eine Transgeschlechtlichkeit vor. Das deutsche Recht sieht in diesem Fall noch vor, dass sich betroffene Menschen – sofern sie ihren Personenstand ändern wollen –  einem Begutachtungsverfahren unterziehen müssen, in dem festgestellt wird, dass dieser „Wunsch“ von Dauer und unabänderlich ist. Das muss von zwei Sachverständigen festgestellt werden, d.h. die trans* Personen müssen ihre Biografie offenlegen und Fremdbegutachter*innen glaubhaft machen, dass dem so ist. Die endgültige Entscheidung treffen dabei die Sachverständigen. Falls trans* Personen zudem geschlechtsangleichende Operationen wünschen, findet eine Begutachtung durch den MDK statt, wobei hier psychotherapeutische Mittel Vorrang haben; erst wenn diese gescheitert sind, d.h. den Leidensdruck nicht lindern können, werden Eingriffe in den Körper von den Krankenkassen finanziert.

Tessa Ganserer ist überaus mutig und eine starke Persönlichkeit, denn sie hält den Widerspruch zwischen der derzeitigen Rechtslage und ihrem selbstwahrgenommen Geschlecht aus: Sie unterzieht sich nicht dem  entwürdigenden Verfahren, dass das derzeitige TSG Transpersonen abverlangt und hält zudem den Widerspruch zwischen dem in den Körper eingeschriebenen Geschlecht und ihrem Sosein aus. Einigen Redakteurinnen der EMMA täte es gut, mal wieder Judith Butler aus der Schublade zu holen und zu lesen. 

Selbstverständlich ist es in einigen wenigen Fällen so, dass die Entscheidung in einem anderen als dem zugewiesenen Geschlecht leben zu wollen, von den Betroffenen als falsch erlebt wird. Der Anteil an diesen ‚Fehlbeurteilungen‘ liegt allerdings bei unter einem Prozent.

Und schließlich: Lassen sich Trans* und Feminismus vereinbaren? Trans* Frauen, die sich für die Rechte von Frauen* einsetzen, sich gegen Lohnungleichheit stellen, gegen die „pink ceiling“ in Unternehmen, für körperliche Selbstbestimmung von Frauen usw. sind ein Gewinn für jede Frauenbewegung und keinesfalls „Männer, die in Frauenräume eindringen“: Auch trans* Frauen machen die Erfahrung, als Frauen weniger zu verdienen, nicht mehr so schnell Karriere machen zu können usw. UND: Ein Kind zu gebären, heißt noch lange nicht, eine gute Mutter zu sein!! Mutterschaft ist gleichermaßen eine soziale Konstruktion, die biologisiert wurde; was daraus wurde, zeigt die Geschichte des ‚Mutterkreuzes‘.

Trans*Frauen setzen sich gezwungenermaßen mit der sozialen Rolle als Frau auseinander, da sie einen eigenen Geschlechtsrollenausdruck finden müssen. Damit leisten sie eine reflektive Arbeit, die lesbische cis-Frauen ebenfalls leisten, aber so mancher heterosexueller cis-Frau verschlossen bleibt.

Die Haltung der Redakteuerinnen von EMMA gegenüber dem Thema Transgeschlechtlichkeit ist näher an Verschörungstherorien als an sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen. Insbesondere der Artikel über Tessa Ganserer ist hahnebüchend und überaus diskriminierend.

Wir von Broken Rainbow setzen uns für die Gleichstellung ALLER GESCHLECHTER UND FRAUEN*RECHTE ein. Liebe EMMA, das geht…

Constance Ohms (Vorstand)